Freier Eintritt ins Wunderland ohne Nachweis für alle, die es sich nicht leisten können

06.01.2025

Hier eine Nachricht von Frederik Braun aus dem MIWULA:

Morgen startet wieder unsere alljährliche Aktion, bei der alle Menschen, die sich den Eintritt normalerweise nicht leisten können, kostenlos ins Wunderland kommen können. Wir machen das bekanntlich seit 10 Jahren und was wir in der Zeit alles erlebt haben, könnte ein Buch füllen. Da ist alles dabei. Von größten Emotionen, voller Liebe und Dankbarkeit, bis hin zu purem Hass.

Alle Fakten gibt es hier: www.miniatur-wunderland.de/leisten/

Erst mal zur Erklärung, wie simpel es funktioniert. Wie immer soll jeder Mensch das für sich selbst einschätzen, ob man sich den Eintritt nicht leisten kann. Wir erwarten keinerlei Nachweis. Wer uns an den 22 ausgewählten Terminen im Januar an der Kasse sagt „Ich kann mir das nicht leisten“, kommt ohne Nachfrage kostenlos rein. Das muss natürlich nicht genau der Satz sein, oder man kann das auch aufschreiben und unauffällig über den Tresen schieben. Die meisten kommen aber voller Überzeugung an die Kasse und sagen uns das. Meist gepaart mit großer Dankbarkeit und vielen kleinen und großen Geschichten. Die Menschen erklären sich wahnsinnig gerne, warum sie das Angebot annehmen. Eventuell, oder teilweise ist das ein Teil von Verarbeitung eines gewissen Schamgefühls. Manchmal aber auch Wut auf den Staat, Wut auf die Ex-Partnerin oder Ex-Partner, Traurigkeit über die verlorene Arbeitsstelle, schlimme Erkrankung, oder einfach Verzweiflung. Es ist das Leben pur, welches wir an der Kasse erleben.

Eine kurze persönliche Geschichte

Für mich war ein kleiner Höhepunkt vor einigen Jahren der Besuch einer Frau mit ihrem kleinen Sohn. Ich bin nicht oft an der Kasse, aber da hatte ich gerade kurz ausgeholfen und die beiden kamen zu mir und die Mama fragte ganz vorsichtig, ob es wirklich stimmt, dass sie gratis rein dürfen. Als zu ihr „na klar“ sagte und ihnen direkt die Tickets in die Hand drückte, fingen beide an zu weinen. Die Mama erklärte mir dann, dass ihr Sohn nur einen Wunsch zu Weihnachten hatte. Er wollte so gerne mal ins Miniatur Wunderland. Sie konnte ihn ihm nicht erfüllen. Dann hörte sie von der Aktion und ist auf gut Glück gekommen, ohne sich sicher zu sein, ob das klappt. In der Sekunde, als sie die Tickets in die Hand bekamen, brach alles aus ihnen raus. Ehrlich gesagt, standen wir da dann zu dritt mit feuchten Augen da. So schön und traurig zugleich. Davon gab es seit 2015 bestimmt 1000 ähnliche Momente.

Weit über 100.000 Menschen haben wir allein mit dieser „Kann ich mir nicht leisten“ Aktion in den letzten Jahren eingeladen. Frei nach dem wunderbaren Sprichwort von Albert Schweitzer „Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt“ können wir es auch in diesem Jahr nicht erwarten, von unserem großen Glück ein kleines bisschen abzugeben.

Es gibt aber auch die andere Seite dieser Aktion. Misstrauen, Wut und Hass. Teilweise sogar geballt. Am schlimmsten war es 2017. Aber auch in diesem Jahr werden wir wieder merkwürdige Kommentare hören. 2017 war der Höhepunkt der Flüchtlingswelle und wir wurden stark angefeindet, weil wir natürlich auch Flüchtende gratis eingeladen haben, wenn sie es sich (naheliegend) nicht leisten konnten. Es waren bitterböse Beschimpfungen hin zu Drohbriefen dabei. Einen davon haben wir damals veröffentlich, weil es uns zu viel wurde. Daraus entstand eine ganz besondere Welle von Unterstützung. Daran sieht man immer wieder, dass der Pessimismus, die Angst, die Enttäuschung meist LAUT ist und die Menschen, die zufrieden oder gar glücklich sind, leise bleiben. Wir konnten es damals für eine kleine Zeit, zumindest im Social Web bei uns umkehren… Vielleicht ist das mal wieder an der Zeit. Wir haben die Aktion gestern veröffentlich und es sind schon wieder einige Kommentare zu lesen, dass man den Menschen lieber nicht vertrauen sollten. ABER, es ist weniger missgünstig als sonst, obwohl schon über eine Million Menschen die Posts gesehen haben und ganz fleissig teilen…

Vertrauen in die Menschen

Stimmen die vielen Kommentare, dass man den Menschen nicht vertrauen kann, wirklich? Da wir keinen Nachweis erwarten, kann man es natürlich nur vermuten. Unsere Vermutung ist aber sehr deutlich: Nein!!!! Wir schätzen, dass 60-70 % sich das wirklich nicht leisten können und sonst nicht da wären. Nur weniger als 5% nutzen nach unserem Gefühl die Aktion aus. Verschwindend geringer Anteil dafür, dass es so niedrigschwellig ist. Der Rest könnte es sich vielleicht mit Abstrichen leisten, muss aber Monat für Monat schauen, wie man zurechtkommt. Auch für die soll die Aktion sein. Das kann jeder für sich selbst am besten einschätzen. Aber wie kommen wir auf diese Zahlen? Zum einen durch Beobachtung an der Kasse. Wie glücklich die Masse an Menschen reagiert, aber zum anderen durch einen kleinen Beweis. Wir kennen den durchschnittlichen Pro Kopf Umsatz in unserem Bistro sehr gut. Man kann fast die Uhr danach stellen. Wenn man das nun an den Tagen auswertet, an denen viele Menschen das Angebot genutzt haben, kommt man zu einem fürchterlichen Ergebnis. Der Pro Kopf Umsatz fällt rapide. Fast um den Anteil der Gratis-Gäste. Das bedeutet also, dass die meisten davon sich nicht mal eine Cola im Bistro leisten können. Fazit: Wir wundern uns auch nach 10 Jahren immer noch sehr, dass so viele Menschen kein Vertrauen haben. Warum nehmen sich weiterhin so gut wie keine anderen Ausstellungen ein Beispiel? Freizeitparks, Museen, Tierparks, Kinos, Theater usw haben allesamt mal einen Saure-Gurken-Zeit, in der sie trotzdem geöffnet haben und es kaum einen Unterschied macht, ob die freien Plätze genutzt werden oder nicht.

Wir würden uns so sehr wünschen, dass diese Aktion endlich mal mehr kopiert wird. Vielleicht haben Sie ja Lust, diesen Aufruf und wie immer natürlich auch gerne die ganze Aktion zu verbreiten.